oder: DER EDELSTEIN

Johannes Stüttgen, 1986

 

Die Verwirklichung des Prinzips "Direkte Demokratie durch Volksabstimmung" ist der wichtigste nächste Schritt - ein Schwellenschritt, ohne den eine wirklich neue Gestalt des Ökologisch-Sozialen Gesamtorganismus nicht in Erscheinung treten kann. Nur mit Hilfe eines Instruments der unmittelbaren und verbindlichen Einflußnahme aller auf die Rechtsgestaltung (nach vorheriger freier Information) können solche Wirtschafts- und Geldgesetze eingeführt werden, welche die Möglichkeit für selbstverwaltete und gemeinnützige Unternehmen in allen Produktionsfeldern schaffen. Viele halten dagegen, hinter dieser Einschätzung stehe ein durch nichts begründetes, gefährlich naives Vertrauen in die menschliche Natur, die in Wahrheit immer einer Führung bedürfe. Dieser Einwand, womöglich ein Spiegel des Grundempfindens der Zeitgenossen, darf gerade von jemandem, der für die Volksabstimmung eintritt, nicht beiseite geschoben werden. Denn - erstens - ist auch das Nichtwollen des Prinzips in gewissen Weise eine Willensbezeugung, die respektiert werden muß. Allerdings wäre die Schlußfolgerung daraus die Durchführung einer in jeder Hinsicht erstaunlichen ersten, allen weiteren vorangehenden Volksabstimmung über die Frage: wollen wir Volksabstimmung? Allein schon diese nicht weniger logische, wie verwirrende Denkfigur liefert uns interessanteren Diskussionsstoff als alle bisherigen Parteiprogramme und Wahlen zusammen. Zweitens aber, was das Entscheidende ist, stoßen wir gerade in dem besagten Einwand auf den überraschenden Punkt, der alles umkehrt, nämlich die Frage: wer oder was soll denn jene Führung, die die menschliche Natur braucht, überhaupt übernehmen? Diese Frage führt uns wieder auf den Menschen selbst zurück und die auf ihn bezogene, begründete Skepsis. In der Tat ist nur einem solchen Wesen zu vertrauen, das sich selber führt. Mit anderen Worten: das Prinzip "Volksabstimmung" verhilft der menschlichen Natur erst zu dem, was sie braucht, damit ihr endlich vertraut werden kann.

 

"... aber die Ursache liegt in der Zukunft": Joseph Beuys, 1985

 

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